Gegen Diskriminierung: Von Frauenrechten zur Vienna Pride
20.06.2025 | Artikel
Frauenrechte sind Menschenrechte. LGBTQIA+-Rechte auch. Wichtige Schnittpunkte sind der Schutz vor Diskriminierung und der Kampf für Gleichstellung. Welche Pionierinnen und Aktivistinnen für Frauenrechte in Österreich uns bis heute bewegen – und warum – das erfahren Sie hier.

Auch heuer steht der Juni ganz im Zeichen von Vielfalt. Bei der Pride in Wien denken wir zuerst an die Regenbogenparade. Jedes Jahr zieht die Parade mehr als 200.000 Menschen an, die gegen die Fahrtrichtung den Ring umrunden und so lautstark und sichtbar für Diversität und den Schutz vor Diskriminierung einstehen.
Mit dem bunten Festzug feiern wir die bisherigen Erfolge der LGBTQIA+-Bewegung und demonstrieren weiter für Gleichstellung. Denn es gibt noch immer gute Gründe, auf die Straße zu gehen. Generali gehört zu den Unternehmen in Österreich, die die Vienna Pride unterstützen. Hier im Blog feiern wir vier Wegbereiterinnen für ein buntes, sicheres Miteinander.
Vienna Pride 2025: Mehr als eine Parade
Glitzernde, farbenfrohe Outfits und eingängige Beats – das verbinden viele mit der Regenbogenparade. Was nach einer guten Party ausschaut, ist tatsächlich die größte Demonstration Österreichs für die Rechte von LGBTQIA+-Personen, organisiert von der Interessenvertretung HOSI Wien – welche in diesem Jahr unter dem Motto: „Unite in Pride“ stattfand.
Ziel ist es, gemeinsam ein starkes Zeichen für gleiche Rechte und gegen Hass zu setzen – insbesondere in einer Zeit, in der die Rechte und die Sichtbarkeit von queeren Menschen noch immer ein politischer Streitfall sein können.
Das Highlight des Pride-Months bildete die Parade am 14. Juni 2025 in Wien. Zuvor gab es über 50 Veranstaltungen, das Pride Village am Rathausplatz sowie der Pride Run am 13. Juni 2025 eine Plattform für die Community – für mehr Sichtbarkeit, Toleranz und echte Gleichstellung.
Auch die Generali Österreich nahm an der Vienna Pride teil - und setzte damit ein sichtbares Zeichen für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion. Mit über 100 teilnehmenden Kolleg_innen aus ganz Österreich zählte der Auftritt bei der Pride Wien zu den größten innerhalb der Generali Group. Am Startpunkt bildeten rund 100 Teilnehmer_innen in roten „We Proud“-Shirts, begleitet von Generali gebrandeten Fahrrädern, Rikschas, Bannern und Fahnen, eine starke und sichtbare Einheit auf der Wiener Ringstraße. Die musikalische Begleitung durch einen DJ sorgte für gute Stimmung – sowohl innerhalb der Gruppe als auch bei den Zuschauer_innen entlang der Strecke. Das Feedback zur Teilnahme war durchwegs positiv.
Doch was bedeutet das im Alltag?
Einerseits können Menschen heute offen zeigen, wen sie lieben und andererseits auch sich selbst zeigen, wie sie sind. Seit 2019 gibt es in Österreich die Ehe für alle und Menschen, bei denen das festgestellte biologische Geschlecht nicht mit ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt, können den Eintrag im Personenstandsregister ändern. Seit 2009 müssen Transpersonen dafür keine geschlechtsangleichenden Operationen mehr durchführen lassen.
Frauenrechte & Pride: Historische Meilensteine
1971: Homosexualität ist in Österreich nicht mehr strafbar.
2002: Das Schutzalter in Österreich wird vereinheitlicht. Zuvor galt für homosexuelle Männer ein höheres Schutzalter.
2004: Eine neue Fassung des Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) im österreichischen Arbeitsrecht tritt in Kraft, um den Schutz vor Diskriminierung zu erweitern. Am Arbeitsplatz darf nun auch niemand mehr aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert werden.
2010: Gleichgeschlechtliche Paare können eine eingetragene Partnerschaft eingehen.
2013: Die sogenannte Stiefkindadoption ist auch für gleichgeschlechtliche Paare möglich.
2016: Gleichgeschlechtliche Paare können gemeinsam Kinder adoptieren.
2019: Die Ehe für alle ist in Österreich möglich.
2020: Das sogenannte 3. Geschlecht (divers, inter oder offen) ist offiziell neben weiblich oder männlich eine Option für intersexuelle Menschen in Österreich.
2022: Das pauschale Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, wird abgeschafft.
Die Frauenbewegung als Wegbereiterin für Vielfalt und Gleichstellung
In Österreich leben mehr Frauen als Männer. Nur aufgrund ihres Geschlechts haben viele von ihnen bis heute oft Diskriminierung in verschiedenen Bereichen des Lebens erlebt, sei es in der Arbeitswelt, im Bildungswesen oder im öffentlichen Raum. Manche von ihnen haben sogar Mehrfachdiskriminierung erfahren, etwa wenn sie nicht nur weiblich, sondern auch lesbisch sind.
Wenn Menschen von unterschiedlichen Diskriminierungsformen gleichzeitig betroffen sind – z. B. Sexismus und Homophobie – kann sich der negative Effekt gegenseitig verstärken und es kommt zu einer komplexen Form von Ausgrenzung. Fachleute sprechen bei solchen Überschneidungen auch von Intersektionalität.
Aber diese Intersektionalität gibt es auch auf der anderen Seite – im Engagement für gleiche Rechte – in der Frauenbewegung in Österreich, wo man sich traditionell für mehr als nur Frauenrechte einsetzt. Im Kampf für Gleichberechtigung und den Schutz vor Gewalt sind Frauen und ihre Mitstreiter_innen seit jeher für Menschen – und nicht gegen Männer – auf die Straße gegangen. Man spricht dabei auch von intersektionalem Feminismus.
Frauenrechte in Österreich und ihre Bedeutung für die Pride
Wir möchten vier Frauen feiern, die schon früh die Grundsteine für eine offene Gesellschaft gelegt haben, in der alle die gleiche Chance auf Teilhabe und ein erfülltes Leben haben sollen.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Wir schreiben das Jahr 1848. Ein Revolutionsjahr. Die Wirtschaft kriselt und die Arbeitslosenzahlen explodieren. Zu diesem Zeitpunkt steht im Prater noch kein Riesenrad. Stattdessen schuften Frauen, Männer und auch Jugendliche als „Erdarbeiter“ 12 Stunden am Tag auf Baustellen, wofür sie nur einen Hungerlohn bekommen. Als dieser auch noch gekürzt werden soll, wehren sie sich und protestieren. Frauen sollen sogar noch weniger als ihre männlichen Kollegen bekommen.
Der lautstarke Demonstrationszug, angeführt von Frauen, kommt auf dem Weg in die Innere Stadt am Praterstern gewaltsam zum Stehen. 18 Menschen sterben. Hunderte werden verletzt. Das brutale Vorgehen gegen die Arbeiter_innen, was später als „Praterschlacht“ in die Geschichtsbücher eingeht, empört auch die Adelige Karoline von Perin. Sie gründet nur wenige Tage später den Ersten Wiener demokratischen Frauenverein. Gemeinsam beschließen die Mitglieder, Geld für die Arbeiterinnen zu sammeln.
Ungleiche Arbeitsbedingungen zwischen Mann und Frau bleiben dennoch lange bestehen. Bis 1975 dürfen Männer in Österreich entscheiden, ob ihre Ehefrau überhaupt arbeiten darf. Oft bekommen Frauen dann nicht den gleichen Lohn. Das ändert sich erst im Jahr 1979, als die erste Fassung des Gleichbehandlungsgesetzes in Kraft tritt und gleichen Lohn für gleiche Arbeit vorschreibt. Seit 2004 inkludiert das Antidiskriminierungsgesetz auch die sexuelle Orientierung als erweiterten Schutz vor Ausgrenzung, etwa bereits im Bewerbungsverfahren.
Das gleiche Recht auf Bildung
Zu den wichtigen Voraussetzungen für Gleichstellung im Berufsleben gehören vor allem auch gleiche Bildungschancen. Lange Zeit bleibt Frauen der Zugang zu bestimmten Berufen versagt, z. B. im medizinischen Bereich.
Die erste Ärztin in Österreich wird dies nur nach einem langen bürokratischen Kampf. Gabriele Possanner von Ehrenthal hat zuvor Medizin in Genf und Zürich studiert. In der Donaumonarchie wäre sie nicht zum Studium zugelassen worden.
Das regt Ende des 19. Jahrhunderts auch Rosa Mayreder auf. Gemeinsam mit Auguste Fickert und Marie Lang unterzeichnet sie 1895 eine Erklärung des von ihr mitbegründeten Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins mit dem Titel „Petition um Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium und um Freigebung der ärztlichen Praxis an weibliche Doctoren“. Seit dem 3. September 1900 dürfen auch Frauen in Österreich Medizin studieren und Ärztin sein.
Eine Menschenkette für Menschenrechte
Seither hat sich viel getan. Doch besonders Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender- und intersexuelle Personen erfahren in Österreich bis in die 1990er Jahre deutlich spürbare Ungerechtigkeit in verschiedenen Bereichen.
1988 schlägt der GEWISTA-Skandal Wellen: Die städtische Werbeflächenfirma erteilt Waltraud Riegler mit dem Verweis auf das „Werbeverbot für gleichgeschlechtliche Unzucht und für Unzucht mit Tieren“ (§ 220 StGB) eine klare Absage. Die Aktivistin wollte Spruchtafeln in den Straßenbahnen anmieten, auf denen stehen sollte: „Lesben sind immer und überall.“
Gegen die systematische Ausgrenzung geht Waltraud Riegler 1995 als eine der Hauptanklägerinnen mit dem Internationalen Menschenrechts-Tribunal vor. Am 10. Oktober spricht sie sich vor dem Parlamentarischen Unterausschuss gegen Diskriminierung und unter anderem für die Abschaffung von § 220 StGB aus. Während ihrer Rede zeigt eine von ihr mitorganisierte Menschenkette für Menschenrechte vor dem Parlament starken Zusammenhalt.
Waltraud Riegler hat sich jahrelang in der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien engagiert. Die Interessenvertretung organisiert alljährlich die Regenbogenparade. Waltraud Riegler wurde 2009 mit dem Bundes-Ehrenzeichen für hervorragende Leistungen in den Bereichen Toleranz und Menschenrechte ausgezeichnet.
Sichtbarkeit schafft Bewusstsein
Die Regenbogenparade im Zuge der Vienna Pride setzt jeden Juni ein Zeichen für Vielfalt und macht queere Menschen sichtbar. Auch wenn der Begriff „queer“ vergleichsweise neu ist, gab es queere Menschen schon immer. Aus Angst vor Ausgrenzung und Gewalt haben sich viele von ihnen nur nicht immer so gezeigt, wie sie eigentlich sind. Genau deshalb ist Sichtbarkeit so wichtig.
In Wien lädt die Regenbogenparade dazu ein, gemeinsam und öffentlich ein Zeichen zu setzen. Auch Kampagnen wie #actout erhöhen die Sichtbarkeit für die queere Community und vermitteln die Botschaft, zu sich selbst zu stehen. Das tut auch Ulrike Lunacek, die die erste offen lesbische Politikerin im Nationalrat war.
Was bedeutet Inklusion und warum betrifft sie uns alle?
Dass die Regenbogenparade jedes Jahr die prominente Ringstraße für sich einnimmt – und nicht etwa die Praterhauptallee füllt, ist übrigens kein Zufall. Symbolisch geht es – gegen die Fahrtrichtung, also andersrum – vorbei an Rathaus, Parlament, Heldenplatz und Universität Wien.
Der zentrale Ort steht für ein zentrales Anliegen: Echte Teilhabe. Man lässt sich nicht an den (Stadt-)Rand drängen. Es geht nicht nur um Akzeptanz und Toleranz, sondern um gelebte Inklusion. Seit 2004 wird die Vienna Pride offiziell von der Stadt Wien unterstützt.
Was wir von den Pionierinnen lernen können
Ein Kuss. Ringe tauschen. Gemeinsam ein Kind groß ziehen. Das ist unabhängig von der Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung in Österreich möglich. Aber auch: Keine Angst haben müssen. Einen Job finden. Und vor allem: Zu sich selbst stehen können. Das ist nicht immer einfach.
Was für uns heute schon (fast) selbstverständlich ist, haben sich die Menschen – allen voran Frauen – hierzulande hart erkämpft. Wir feierten diese Erfolge und setzten mit „Unite in Pride“ am 14. Juni 2025 auf der 29. Wiener Regenbogenparade wieder ein Zeichen.
Generali Österreich auf der Vienna Pride 2025

Vienna Pride 2025 © Schennach