Wie Hormone den weiblichen Zyklus beeinflussen: Wissenswertes & Tipps
12.05.2025 | Artikel
Der weibliche Zyklus unterscheidet sich von Frau zu Frau. Mal dauert er 25 Tage, mal 31 Tage. Hormone geben den Takt unserer inneren Uhr vor. Auch Stress, Sport und das Gewicht können die Zykluslänge beeinflussen. Aber wie erkennt man ein hormonelles Ungleichgewicht – und was hilft für mehr Balance?

Es gibt Tage, da fühlen wir uns so, als könnten wir Bäume ausreißen. Und an anderen möchten wir uns am liebsten direkt wieder die Bettdecke über den Kopf ziehen – so müde sind wir. Vieles beeinflusst unseren Energielevel im Alltag: Schlaf, Ernährung, aber auch die weiblichen Hormone, insbesondere Östrogen und Progesteron, spielen eine wichtige Rolle.
Wir haben mit dem Wiener Frauenarzt und Hormonexperten Univ. Prof. DDr. Johannes Huber gesprochen und er sagt:
„Ungefähr ein Drittel aller Gene sind im weiblichen Körper anders reguliert als beim Mann. Daran haben die weiblichen Sexualhormone einen erheblichen Anteil.“
Univ. Prof. DDr. Johannes Huber
Die natürlichen Hormonschwankungen in den verschiedenen Zyklusphasen wirken auf Körper und Psyche. Lange Zeit wurde dieser Kreislauf, gesteuert von Östrogenen und Gestagenen, auf Klischees reduziert. „Hast du wieder deine Tage?“– als ob der Zyklus eine Schwäche sei.
In Wahrheit handelt es sich um ein fein abgestimmtes System, das viel über unser körperliches und seelisches Gleichgewicht verrät. Wer die eigenen Zyklusphasen kennt, kann sie gezielt für sich nutzen: Für mehr Energie, mehr Verständnis für sich selbst – und mehr Balance im Alltag.
Welche Hormone die Übergänge von Menstruation bis Lutealphase steuern und was sie im Körper bewirken, schauen wir uns einmal genauer an.
Östrogen, Progesteron & Co.: Welche Hormone beeinflussen den weiblichen Zyklus?
Die hormonellen Veränderungen in der Pubertät setzen einen Kreislauf in Gang, der sich jeden Monat wiederholt. Die erste Monatsblutung (Menarche) tritt bei Mädchen meist zwischen dem 10. und 16. Lebensjahr auf. Von da an bereitet sich der weibliche Körper bis zu den Wechseljahren (Klimakterium) Monat für Monat auf eine mögliche Schwangerschaft vor.
Wenn keine Eizelle befruchtet wird und sich auch kein Ei einnistet, löst sich die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ab – und die nächste Regelblutung setzt ein. Der Zyklus beginnt von Neuem.
Die hormonelle Steuerzentrale für den weiblichen Zyklus liegt im Gehirn – genauer gesagt: im Hypothalamus und in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Von dort aus werden Signalhormone ausgeschüttet, die die Produktion der Sexualhormone in den Eierstöcken anregen.
Diese fünf Hormone sind besonders wichtig für den weiblichen Zyklus:
Östrogene: Dazu zählen Östradiol, Östriol und Östron. Sie werden vor allem in den Eierstöcken gebildet und sorgen dafür, dass sich die Gebärmutterschleimhaut aufbaut. Östrogene beeinflussen aber auch Haut, Stimmung, Libido und das Bindegewebe. Sie sind auf Cholesterin als Baustein angewiesen.
Gestagene: Am bekanntesten ist Progesteron, das nach dem Eisprung im Gelbkörper entsteht. Progesteron sorgt für eine stabile Gebärmutterschleimhaut, damit sich eine befruchtete Eizelle einnisten kann. Das Hormon wirkt beruhigend auf das Nervensystem. Andere Gestagene sind Pregnandiol und Pregnenolon.
Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH): Dieses Hormon wird im Hypothalamus gebildet und gibt das Startsignal für den Zyklus. Es regt die Hirnanhangdrüse an, FSH und LH auszuschütten.
Follikelstimulierendes Hormon (FSH): FSH sorgt dafür, dass in den Eierstöcken eine Eizelle heranreift und vermehrt Östrogene gebildet werden.
Luteinisierendes Hormon (LH): LH löst den Eisprung aus und wandelt den Follikel in den sogenannten Gelbkörper um, der anschließend Gestagene produziert.
Neben Hypothalamus und Hirnanhangdrüse sind Schilddrüse und Nebennieren von Bedeutung für einen ausgeglichenen Hormonhaushalt. „Die Hormone bilden ein komplexes, holistisches System“, erklärt Univ. Prof. DDr. Johannes Huber.
„Da ist alles mit allem verbunden. Neben Östrogenen und Gestagenen sind die Schilddrüsenhormone, Vitamin D (eigentlich auch ein Hormon) und die Hormone der Nebenniere wichtig.“
Univ. Prof. DDr. Johannes Huber
Zyklusphasen & Hormone: Einfluss auf Stimmung, Energie und mehr
Allgemein teilt sich der weibliche Zyklus in 4 Phasen: Menstruation, Follikelphase, Ovulation und Lutealphase. An den Übergängen von einer Zyklusphase zur nächsten verändert sich der Hormonspiegel – und oft auch unser Energielevel und Empfinden. Die hormonellen Veränderungen erinnern an den Wechsel der Jahreszeiten. Ein regelmäßiger Zyklus ist ein wichtiger Indikator für die Hormonbalance – und damit auch für Ihre Frauengesundheit.
1. Menstruation – Zeit zum Entspannen
Ähnlich wie in der kalten Jahreszeit ziehen wir uns während der Periode oft zurück. Wenn die Gebärmutterschleimhaut abgestoßen wird und die Monatsblutung einsetzt, laufen viele andere Prozesse im Körper auf Sparflamme.
Der Hormonspiegel ist auf einem Tiefpunkt, was sich auch auf die Stimmung auswirken kann. Viele Frauen fühlen sich in dieser Phase erschöpft, haben Schmerzen und sind allgemein empfindlicher als sonst.
Jetzt heißt es zur Ruhe kommen, entspannen und Selbstfürsorge betreiben, um dem Körper das zu geben, was er jetzt am meisten braucht: Wärme und neue Energie in Form von wohltuenden Speisen.
Tipp: Nutzen Sie diese Phase für sanftes Yin Yoga und zum Reflektieren, z. B. mit einem Bullet Journal.
2. Follikelphase – der innere Frühling
Jeden Monat reift in einem der beiden Eierstöcke eine Eizelle in einem Eibläschen (Follikel) heran. In der Follikelphase baut sich auch die Gebärmutterschleimhaut langsam wieder auf, um die Voraussetzungen für eine Schwangerschaft zu schaffen.
Viele Frauen erleben diese Regenerationsphase wie einen inneren Frühling: Sie haben oft mehr Energie und Ausdauer. Das liegt unter anderem am Anstieg des Östrogenspiegels.
Jetzt heißt es das Leben voll auskosten, Sport treiben und kreativen Ideen nachgehen.
Tipp: Nutzen Sie diesen allmonatlichen Neuanfang, um selbst etwas Neues auszuprobieren, z. B. ein neues Hobby oder einen neuen Haarschnitt.
3. Ovulation – Eisprung & fruchtbare Phase
Rund um die Zyklusmitte kommt es zum Eisprung: Die Hülle des Eibläschens platzt und die Eizelle bewegt sich durch den Eileiter in Richtung Gebärmutter. Die Tage um den Eisprung sind die fruchtbaren Tage. Der Zeitpunkt für den Eisprung wird vor allem von dem luteinisierenden (LH) und dem follikelstimulierenden Hormon (FSH) bestimmt. Gleichzeitig befindet sich der Östrogenspiegel auf dem Höhepunkt und bei vielen Frauen ist auch der Energielevel auf dem Höchststand.
Jetzt heißt es zu Höchstform auflaufen – ob sportlich, beruflich oder privat.
Tipp: Die Zyklusmitte bietet sich für intensive Trainingseinheiten, Bewerbungsgespräche und sinnliche Begegnungen an.
Gut zu wissen: Während sich viele Frauen um den Eisprung herum besonders energiegeladen und selbstbewusst fühlen, klagen einige Frauen direkt nach dem Eisprung über starke Müdigkeit und Motivationstiefs. Das kann passieren, wenn die hohen Östrogenwerte abrupt abfallen, während bereits der Progesteronwert zu steigen beginnt.
4. Lutealphase – Zeit für Regeneration
Das luteinisierende Hormon (LH) regt die Produktion von Progesteron aus dem Gelbkörper an, nachdem eine Eizelle aus einem der Eierstöcke freigesetzt wurde. Der Progesteronspiegel steigt an, bevor er wieder sinkt und das wirkt beruhigend – körperlich und seelisch.
Viele Frauen verspüren dann ein größeres Bedürfnis nach Ruhe. Mit den plötzlich abfallenden Östrogenwerten reagieren wir oft auch sensibler – bis hin zu Stimmungsschwankungen, die typisch für das prämenstruelle Syndrom (PMS) sind.
Jetzt heißt es einen Gang zurückschalten und mit den Kräften haushalten.
Tipp: Nehmen Sie sich nicht zu viel vor und achten Sie jetzt besonders auf ausreichend Schlaf, um sich nicht zu überanstrengen. Verzichten Sie nach Möglichkeit auf lange To-do-Listen und tragen Sie bewusst Pausen im Terminkalender ein.
Hormonschwankungen und hormonelles Ungleichgewicht: Wann ist der Arztbesuch ratsam?
Im Durchschnitt dauert ein Monatszyklus 28 Tage. Aber auch 25 oder 31 Tage sind ganz normal. Der weibliche Zyklus unterliegt vielen Schwankungen und ist von Frau zu Frau unterschiedlich – Faktoren wie Stress, Schlafprobleme und ein stark schwankendes Gewicht können Einfluss darauf haben, wie lange er tatsächlich dauert.
Hormonschwankungen sind auch für bestimmte Lebensphasen typisch: In der Pubertät und in den Wechseljahren ist der Zyklus oft unregelmäßig. Nach der letzten Periode beginnt die Menopause. Dann stellen die Eierstöcke die Hormonproduktion weitgehend ein.
Mögliche Anzeichen für Hormonschwankungen:
unregelmäßige Zykluslänge
sehr starke oder schwache Blutungen, Zwischenblutungen
Einschlaf- und Durchschlafprobleme, anhaltende Müdigkeit trotz ausreichend Schlaf
Hitzewallungen und Nachtschweiß
Veränderungen von Haut und Haar, z. B. unreine Haut, Haarausfall
Verdauungsbeschwerden, z. B. Durchfall, Verstopfung
Schmerzen, z. B. Kopfschmerzen, Unterbauchschmerzen, Schmerzen im unteren Rücken
häufige Stimmungsschwankungen
Aus Faustregel gilt: Wenn der Zyklus deutlich kürzer als 25 Tage oder länger als 35 Tage dauert oder die Monatsblutung ganz ausbleibt, ist es ratsam, die Ursache ärztlich abklären zu lassen.
Tipp: Mit einem Zykluskalender können Sie Dauer, Regelmäßigkeit und Intensität Ihrer Menstruation verfolgen. Besonders praktisch sind Zyklus-Tracking-Apps wie Mein Kalender (iOS und Android), Flo (iOS und Android) und Clue (iOS und Android). Damit können Sie auch Ihre Stimmung und mögliche körperliche Symptome im Laufe des Zyklus ganz einfach am Handy festhalten.
Hormonhaushalt selbst regulieren: Tipps für mehr Balance
Für unser Wohlbefinden ist ein ausgeglichener Hormonhaushalt wichtig. Univ. Prof. DDr. Johannes Huber erklärt:
„Ob Östrogene oder Gestagene – ein Zuviel und auch ein Zuwenig sind mit gesundheitlichen Problemen verbunden.“
Univ. Prof. DDr. Johannes Huber
Mit einfachen Maßnahmen können Sie gegensteuern und für mehr Balance sorgen.
„Übergewichtigkeit, Alkoholkonsum und Bewegungsarmut beeinflussen die endokrinen Systeme“, sagt Univ. Prof. DDr. Johannes Huber. Achten Sie für Ihr hormonelles Gleichgewicht deshalb auf eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung.
Sanfte Dehnübungen können vor und während der Menstruation möglichen Krämpfen vorbeugen. Aber auch ein Frauentee und andere natürliche Hilfsmittel können leichte Regelschmerzen und andere typische Beschwerden lindern. „Der Östrogenmangel kann mit Soja und Isoflavonen ausgeglichen werden“, ergänzt Univ. Prof. DDr. Johannes Huber, „der Progesteronspiegel kann mit Yamswurzel und Mönchspfeffer natürlich erhöht werden.“
Was tun bei Verdacht auf ein hormonelles Ungleichgewicht?
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Zyklus aus dem Gleichgewicht geraten ist, lohnt sich ein genauer Blick auf Ihren Hormonstatus – besonders, wenn starke Regelschmerzen Sie regelmäßig außer Gefecht setzen oder Sie vor jeder Periode in ein Stimmungstief rutschen. Auch Erkrankungen wie Endometriose oder eine Schilddrüsenunterfunktion können dahinterstecken.
In der gynäkologisches Ordination geht man diesen Beschwerden auf den Grund und bespricht die nächsten Schritte. Mit unserer privaten Krankenversicherung erhalten Sie im Tarif MedCare: Privatarzt Zugang zu Wahlärtz_innen und müssen nicht lange auf einen Termin warten. Denn je früher hormonelle Ursachen erkannt werden, desto besser lassen sich die Beschwerden lindern – und die Lebensqualität zurückgewinnen.

Univ. Prof. DDr. Johannes Huber studierte Theologie und Medizin. Von 1992 bis 2011 war er Leiter der klinischen Abteilung für gynäkologische Endokrinologie im Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Er ist in Wien als Arzt tätig, seine Vorträge und Bücher machten ihn im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt.
Mehr Informationen zu Univ. Prof. DDr. Johannes Huber: https://hormonkosmetik-profhuber.at/